Doppel-Headliner Tour von AMORPHIS & ELUVEITIE in der Gr. Freiheit 36 mit DARK TRANQUILLITY und NAILED TO OBSCURITY.
Es wird mein erster Besuch seit Langem in der Gr. Freiheit. Durch den Betreiberwechsel soll wieder Leben in die Bude und das scheint auch zu gelingen. Zwei Jahre etwa haben die Hamburger Konzertveranstalter den Laden konsequent vermieden. Ihr wisst schon, Wandzeitung, Querdenkergeschwurbel und so. Aber jetzt geht es langsam wieder los. Langsam, nein warte. Heute gibts das erste Metalkonzert seit dem Boykott. 16:30 Uhr ist Einlass und die Schlange vor der Tür ist zur besten Kaffee- und Kuchenzeit (Habe ich das gerade wirklich geschrieben?) schon recht beachtlich. Die Doppel-Headliner-Tour findet in beinahe Festivallänge statt. Fast 6 Stunden werden wir dort sein. Ich halte es eigentlich für zu lang, aber da schrieb ich ja bei anderen Gelegenheiten bereits. Heute jedoch könnte es anders laufen. Gute Bands, toller Laune und die Hamburger in Feierlaune. Ich habe ein gutes Gefühl.
Kleiner Schock zum Anfang. Ich hatte mich zwar, wie üblich als Rollstuhl fahrender Fotograf brav angemeldet, aber in den Graben kam ich nicht. Eigentlich wäre er gerade breit genug gewesen, aber leider standen rechts und links im Eingang Ständer für die Banner von ELUVEITIE im Weg. Miste, aber heute nicht zu ändern. Da ich schon im Vorfeld damit gerechnet hatte, dass es Probleme geben könnte, war Plan B natürlich bereits im Petto. Ich fragte bei den Technikern am Mischpult, ob ich dort in einer Ecke mit stehen darf. Klar ging, super, gab auch gleich ein Bier! So kann es immer laufen. Gut, gibt keine spektakulären Frontstagebilder, aber egal, dafür war der Sound Bombe. Auch mal schön, den Licht- und Tonmenschen über die Schulter zu schauen. Ich hatte mich gerade eingerichtet, da ging es auch schon los.
NAILED TO OBSCURITY
Die Ostfriesen, wie sie sich heute selbst vorgestellt haben, machen den Anfang. Showtime ist 17:10 Uhr vor schon knack voller Venue. Na, wenn das nichts ist. 30 Minuten bester deutscher Melodic Death mit Doom Einflüssen, das in einem progressiven Gewand daher kommt. Immer wieder schön die Herren auf einer Bühne zusehen. Mit „Clouded Frame“ hat die Band auch einen neuen Song im Programm. Tolle Riffs und schöne Gesangslinie. Opener war „Black Frost“ von ihrem gleichnamigen Erfolgsalbum. Bei „Desolate Ruin“, dem letzten Song auf ihrer viel zu kurzen Setliste, gabs dann noch ein sehr schönes zweistimmiges Gitarrensolo. Die beiden Gitarristen, Volker Dieken und Jan-Ole Lamberti spielten erst allein, später stieg dann die ganze Band noch mal ein. Ein sehr geiler Auftakt findet auch das Publikum.
DARK TRANQUILLITY
Zusammen mit NAILED TO OBSCURITY haben DARK TRANQUILLITY heute zum zweiten Mal die ehrenvolle Aufgabe, einem Club wieder sein METAL-Leben einzuhauchen. Im April war es die Markthalle, in der sie neben ENSIFERUM, NtO und THE LEGION:GHOST das erste Konzert nach der coronabedingten Schließung spielten. Heute die Freiheit. Und was war das für ein Empfang nach einer 15-Minütigen Umbaupause. Großer Jubel brach aus, als die Band, diesmal auch wieder mit Christopher Amott auf die Bühne kam. Christoper war im April nicht dabei, weil er gerade Vater geworden war.
Mit „Identical To None“ geht heute die Reise durch fünf Alben der Band los. Und es war fantastisch. Publikum und Band feuerten einander an. Wenn wir nicht eh alle gestanden hätten, würde ich von Standing Ovation schreiben. Es gibt nach jedem Song rhythmischen Applaus und Hej-hej-Rufe. Nicht nur Mikael Stanne ist die Freude darüber deutlich anzusehen. Hatte ich im April noch angemerkt, dass es leichte Ruckler in der Band gab, kann heute davon keine Rede mehr sein. Christian Jansson am Bass und Joakim Strandberg Nilsson sind in der Band angekommen und liefern exzellent ab. 40 Minuten ist das Set alt, als Mikael Stanne den letzten Song ankündigt. Es ist nicht nur der letzte Song für heute, sondern der letzte Song der Tour. Wieder merkt man ihm eine gewisse Rührung und Begeisterung an. Er bedankt sich bei allen an der Tour beteiligten und ruft uns dann zu wir wären „fuckin amazing“ Ja, schei*e ihr auch, denke ich!
Ach so, es war der Song „Misery`s Crown“ der das Set und Tour beschloss. Auch wenn alle wussten, dass es sinnlos ist, gab es ziemlich lange ziemlich laute Zugaberufe aus dem Publikum. Zurecht!
AMORPHIS„
Exakt zwei Stunden nach dem NtO den Abend eröffnet haben, kommt mit AMORPIHS der erste Headliner des Abends auf die Bühne. Sie eröffnen mit „Northwards“ vom aktuellem HALO Album. Es passiert dasselbe wie bei DT. Das Publikum feiert die Band von der ersten Sekunde an ab und auch wieder absolut zurecht. 12 Songs stehen auf der Setlist. Songs von HALO überwiegen. Ich bin immer wieder beeindruckt, dass Tomi Joutsen den Wechsel von Gutturalem und Klargesang so gut hinbekommt. Die Einflüsse von Marco Hietala sind einfach Gold. Mir gefällt auch die Mischung aus Aggressivität und Melancholie, die sich mit den epischen Anteilen in der Musik mischt einfach gut. AMORPHIS spielen, wie schon die Bands vor ihnen, ein absolut geiles Konzert. Die Freiheit feiert die Klassiker „Silver Bride“ und „Black Winter Day“ ebenso wie alle anderen Songs an diesem Abend, den ich nicht so schnell vergessen werde. Bei „House Of Sleep“ zeigt das Hamburger Publikum noch mal, wo der Hammer hängt. Singt textsicher und feiert ausgelassen. In meinen Notizen steht drei Worte für den Auftritt: Party, Party, Party. Ja, und das war es auch. Ich bin schon ziemlich durch, aber ELUVEITIE kommen erst noch!
ELUVEITIE
Zum guten Schluss bringen ELUVEITIE ihren Schweizer Folk-Metal auf die hanseatische Bühne auf dem Kiez. Ich habe ja immer etwas Probleme den super sympathischen Chrigel als Metalsänger zu verorten. Ich verstehe gar nicht, warum. Er singt den gutturalen Part exzellent. Seine Stimme passt toll zu der des weiblichen Gesanges von Fabienne Erni und zur Musik und das schon seit 20 Jahren.
Leider gab es zu Beginn Sound-Probleme. Die Finger der Dame am Mischer flogen nur so über den Touchscreen des digitalen Pultes, sodass es bald deutlich besser wurde. Ein leicht über betontes Schlagzeug blieb aber den ganzen Abend. Das ist vielleicht auch Geschmackssache.
Auch bei diesem Set sah man der Band den Spaß an. Immer wieder wurde Mätzchen gemacht. Einfach toll. Die ausgewählten Songs des Abends boten einen Querschnitt durch das Schaffen von ELUVEITIE und hielt für die Fans alles bereit, was für ein tolles Konzerterlebnis notwendig ist. Es gab einen Solo-Gesangspart von Fabienne Erni, ein Schlagzeug-Solo von Alain Ackermann und auch Jonas Wolf an der Gitarre bekam die Bühne für sich. Zum Ende des regulären Sets gab es mit „De Ruef vo de Bärge“ eine schweizerdeutsche Version von „Call Of The Mountain“. Das für eine nette Idee. Diesmal wurden die Zugabe-Rufe der Fans in der ausverkauften Venue erhört. Es gab noch drei Stücke.
Mit ihrer epischen Hymne „Inis Mona“ beenden dann die Schweizer um 22:00 Uhr den Abend.
Fazit
Na, das war mal ein Abend. 4 Bands, Tourabschluss, mein letztes Konzert des Jahres und alle haben sich noch mal richtig reingehauen. Hat Spaß gemacht, und gut, dass die Freiheit auch wieder am Start ist. Die ist einfach eine gute Rock-Location. Durch das frühe Ende gings dann noch ein wenig feiern. Auf dem Kiez ja nicht das Problem. Ein schöner Abschluss für mein Konzertjahr 2022.
Barrierefreiheit
Ja, was soll ich sagen. Es ist ein alter Laden und wir hatten das Thema vor der Pandemie schon mal.
Man kommt barrierefrei rein und steht vorne links sehr ungünstig. Ich hatte Glück, dass ich ein Plätzchen neben dem Lichtmischer belegen durfte, um zu fotografieren. Es wird Zeit, dass Hamburg sich mal vornimmt, allen Clubs in der Gr. Freiheit dabei zu helfen, barrierefrei zu werden.
Wie immer an dieser Stelle möchte mich bei allen bedanken, die es heute, trotz der ungünstigen Umstände, möglich gemacht haben, dass ich dabei sein konnte. Insbesondere danke ich den Lichttechnikern, die meine Knipserei ertragen mussten und natürlich FKP SCORPIO für die Akkreditierung.