… und schon wieder Elphi, aber diesmal keine Klassik.
Dies mal “quiet is the new loud”-Musik aus Norwegen. Zwei Freund an den Akustikgitarren machen leise einfühlsame Musik unterstützt durch Kontrabass und Geige! Sie begannen sehr nervös. Zu zweit, nur ihre Gitarren in den Händen, vor dieser Kulisse! Wer könnte das nicht verstehen.
Ich kenne die Band gar nicht und wäre auch gar nicht auf die Idee gekommen in dies Konzert zugehen. Wie kam es dann zu dem Besuch?
Es war mein erster Escort in die Elphi! Was für ein Spaß!
Aber von Anfang.
Nach dem klar war, dass es für Rollstuhlfahrer noch Karten in der Elbphilharmonie gibt, wurde von zwei meiner Freunde, die Idee geboren, einen Rollstuhlfahrer-Escort-Service für die Elphi aufzumachen. Sie hatten die horrenden Preise bei ebay gesehen, die Menschen bereit sind für ein Konzert in der Elphi zuzahlen. Das zu trollen und auf der anderen Seite die lustige Idee, dass behinderte Menschen es Menschen ohne Behinderung möglich machen, einen Ort zu besuchen, der für sie schwer zugänglich ist, fand ich gut. Umgekehrte Vorzeichen so zu sagen.
Und wie bahnt man so etwas an?
Ich kam während eines Konzertes in der Gr. Freiheit mit einer freundlichen Dame ins Gespräch. Sie erzählte mir von den Nöten ihrer Schwester. Diese sei ein sehr großer “Kings of Convenience”-Fan und hat keine Karten mehr für das Konzert in der Elphi bekommen. Ich überlegte kurz, ob ich die Idee mit dem Escort anbringen sollte.
Egal dachte ich, die kann Spaß verstehen und so tat ich es dann einfach.
Was soll ich sagen. Ihre Schwester schrieb mir eine wunderbare Mail in der sie bekundetet, wie gern sie mit einem Freund das Konzert sehen würde. Kurzerhand rief ich den Ticketverkauf der Elphi an und erkundigte mich nach Karten. Wie erwartet gab es noch welche. Ich orderte zwei Rollstuhlplätze inclusive Begleitung. Natürlich brauchte es jetzt noch eine(n) zweite(n) Rollstuhlfahrer:in. Das war kein Problem. Ich fragte eine liebe Freundin, ob sie zu dem Spaß Lust hätte. Sie hatte!
So kam es, dass sich sich zwei Rollstuhlfahrer:innen und zwei Fußgänger:innen zu einem Blinddate vor der Elphi trafen. Zu meiner großen Erleichterung waren wir uns alle auf Anhieb sympatisch. Wir machten noch einen Ausflug auf die Plaza und beschnupperten uns weiter! Ha, der Musikgeschmack deckte sich schon mal und auch sonst waren die Beiden sehr offen und sympatisch! Sehr gut! Da ich noch einen Hack im Petto hatte, war ich froh darüber! Ich weihte sie also in meinen Plan ein. Sie waren einverstanden das mitzumachen!
Ich hatte Karten für vier Plätze bekommen, bei denen die Rollstuhlplätze außen waren und die beiden Begleitungen dazwischen. Das fand ich nicht so toll, weil meine Freundin neben einer ihr unbekannten Person sitzen müsste. Ich hatte also in der Elphi angerufen und darum gebeten, die Plätze so umzukonfigurieren, dass sowohl die Begleitungen als auch die Rollstuhlfahrer:innen nebeneinander stehen bzw. sitzen können. Wie erwartet wurde das Begehren von der Dame am Telefon abschlägig beschieden! Sie hatte zwar schon mehrere Anfragen dieser Art, aber sie hätte keinen Ansprechpartner vor Ort! Selbst ein Gespräch mit ihrer Chefin, so versicherte sie mir, hätte nichts ergeben. Da war sie ja nun an den falschen geraten. Ich wusste schließlich von einem vorherigen Besuch, dass bereits spontan Sitze umgebaut wurden! Es konnte also nicht so kompliziert sein. Ich selbst hatte auch gesehen, dass es sich nur um 4 Rändelschrauben handelt, die die Sitze fixieren. Ich hakte nach ! Die Dame meinte dann, dass ich das wohl vor Ort klären muss.
Gut, dann los! Ich versuchte es an mehreren Stellen! Zuletzt an der Kontrolle am Eingang zu den Konzertsälen. Das Personal dort konnte nicht helfen, also bat ich darum, die Vorgesetzte zusprechen. Diese konnte uns auch nicht helfen. Ich bat wiederum jetzt deren Vorgesetzten zu sprechen! Ich wusste ja, dass es einen Weg geben muss!
Er konnte auch nicht helfen. Er meinte, ich hätte bei der Tickethotline anrufen sollen. Spätestens jetzt fühlte ich mich wie bei Asterix erobert Rom. Ihr wisst schon! Das Haus, das Verrückte macht. Ich wollte aber unbedingt meinen Passierschein A 38!
Und nun zu meinem Plan!
Ich sagte ihm, dass ich die Sitze selbst umschrauben würde, da es ganz einfach ginge. Es sind nur Rändelschrauben zu lösen!
Er entgegnete, das würde nicht gehen, da die Sitze zusätzlich mit M5-Inbusschrauben gesichert wären. Ich frage selbstverständlich nach dem Inbusschlüssel. Er verneinte dann lächelnd einen dabei zuhaben. Wir sind dann mit dem Fahrstuhl hoch gefahren und haben noch ein sprudelndes Getränk im Foyer genossen! Es gibt dort selbstverständlich nur Stehtische, aber mit Rollstuhlfahrer:innen Ablagefläche unterhalb der eigentlichen Abstellfläche! Okay, die Ablage war wohl eher zufällig angebaut! Mein Glas passte übrigens nicht drauf, weil es zu lang war und nicht unter den Deckel paßte! 🙂
Dann sind wir in den Konzertsaal gegangen Meine Spannung stieg!
Am Platz angekommen musste ich die Befestigung nochmal genauer unter die Lupe nehmen, als beim letzten Besuch. Ich fand vier Rändelschrauben und weit und Breit keine M5-Inbusschraube. Als wir die erste Schraube los hatten, stand die Platzanweiserin neben uns und fragte was wir machen! Ich erklärte Wahrheitsgemäß, das wir die Plätze umschrauben wollen, da es keiner für uns machen wollte. Das fand sie gut und wollte helfen. Ich bat sie weg zu gehen und in die andere Richtung zu schauen, damit sie keinen Ärger bekommt! Sie meinte das wäre kein Problem und schraubte munter mit! Keine Minute später stand der Sitz auf dem uns genehmen Platz. Wir versprachen, dass wir das nach dem Konzert wieder zurück zuändern! Fand sie gut!
Das Konzert konnte beginnen. Wir hatten ja bis jetzt schon richtig Spaß, aber das Konzert hat das dann noch getoppt! Sehr schöne Musik von sehr guten Musikern gespielt!
Nachdem sie ihre Nervosität weggespielt hatten, war es sehr locker und einfach nur toll!
Spannend war, dass die Beiden sogar kurze Abklatschspiele gemacht haben, um ihre von der Nervosität verspannten Hände und Unterarme zu lockern.
Später tanzte und sang die Elphi!
Ein richtig tolles Konzert war leider nach 1,5 Stunden viel zu schnell zu Ende!
Wir haben dann wie versprochen die Sitze wieder zurück geschraubt und sind beseelt und glücklich noch ins Blockbräu gegangen. Dort haben wir zu viert noch ein Bier auf den tollen Abend getrunken und uns dann verabschiedet. Nicht ohne Abzumachen, dass wir das wiederholen wollen.
Wie soll ich jetzt noch weitere Escorts machen! Besser kann es nicht mehr werden!
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