Was lange währt, wird endlich gut!
Im Grunde reicht die Zeile, um den Abend in der edel-optics.de Arena zu beschreiben.
Oder nein, „gut“ beschreibt es nicht richtig. Es war fett, es war richtig geil und nicht etwa, weil sie weg sind, sondern weil sie da waren und richtig kraftvoll und leidenschaftlich abgeliefert haben. Ich schreibe von SALTATIO MORTIS, die das Grande Finale ihrer „FÜR IMMER FREI! TOUR 2022 – BRING MICH ZURÜCK“ bei uns im Hamburg gespielt haben. Eigentlich sollte 2020 das 20. Jubiläum gefeiert werden, aber ganz ehrlich, 22 ist ‘ne Schnapszahl, ist doch viel besser!
Da Harburg von uns mit Öffis eine halbe Weltreise ist, sind wir mit dem Auto hin. Eigentlich keine gute Idee, da vor Ort kaum Parkplätze vorhanden sind. Ich habe aber darauf vertraut, mit meiner Parkkarte am Bahnhof schon etwas zu finden. Hmm, beide Parkis belegt. Der eine war berechtigt belegt, auf dem anderen stand ein großer SUV mit laufendem Motor. Fahrersitz frei und auf dem Beifahrersitz eine junge Dame. Der „normale“ Parkplatz daneben wurde just frei, als wir ankamen. Ich wedelte mit meiner Parkkarte, aber die junge Dame starrte angestrengt geradeaus aus dem Fenster. Dann stieg hinten eine weitere Dame aus und erklärte mir, dass sie nur kurz ihr Baby stillen musste und gern den Parkplatz frei macht. Super, Ärgerlevel ging sofort von 250 auf null runter!
Vor der Halle mussten wir noch kurz warten. Zeit für einen Plausch mit den auch anwesenden befreundeten Fotografen und Texter anderer Magazine. Ich finde es ja tatsächlich immer noch bemerkenswert, wie freundschaftlich und kollegial in der Szene miteinander umgegangen wird. Jeder denkt an jeden, Setlisten und Informationen werden bereitwillig ausgetauscht. Das habe ich von Eventfotografen aus dem Pop-Bereich schon deutlich anders gehört. Da wird gern mal eine Kamera aus der Handgeschlagen, damit man das bessere Bild hat. Ätzend!
Allen gemein war heute die Freude auf das Konzert. Wir sind nicht nur Berichterstatter, sondern in aller Regel auch Fans! Als die Türen aufgingen und ich meinen Fotopass hatte, habe ich zuerst mal die Toiletten gecheckt. Wer hier aufmerksam mit liest, weiß, dass die bei einem letzten Besuch (ARCH ENEMY – BEHEMOTH) verschlossen waren. Nicht so heute als weiter in die Halle. Rollstuhlpodest war wie gehabt links mittig in der Halle an der Wand.
Wir hatten noch kurz Zeit uns Getränke zu holen und dann gings auch schon los.
ANTIHELD
Ihr kennt das, da spielt eine Euch unbekannte Band im Vorprogramm, aber irgendetwas klingelt! ANTIHELD, ANTIHELD, kenne ich doch. Ja klar. 2018 in der Pumpe in Kiel als Support für VERSENGOLD. So richtig überzeugt haben sie mich damals nicht. Wohl der Grund, warum sie mir nicht so richtig in Erinnerung geblieben sind. Entsprechend skeptisch war ich heute. Ob es an meiner Erwartung lag oder ob ich einfach offener geworden bin, ist egal, heute hat mich die Band jedenfalls deutlich mehr abgeholt.
Politische Texte zu poppingen Deutschrock mit leicht punkigen Einschlägen finde ich heute Abend voll okay. Den Leuten in der Halle gefällt es auch. Leider sind noch nicht so viele da, weil der Einlass etwas stockend verlief und die Schlange vor der Halle echt lang war. Erst im Laufe des Sets ändert sich das. Als die Band nach einer dreiviertel Stunde zum „Ficken für den Weltfrieden“ aufbricht, ist die Halle richtig gut voll und verabschiedet die Band mit ordentlichem Applaus!
SALTATIO MORTIS
Vor nun mehr 22 Jahren haben die Herren von SALTATIO MORTIS als Straßenmusiker angefangen. Sie sammelten mit Trommeln und Sackpfeifen gespielte Musik Geldstücke in ihren Hüten. Heute blicken sie auf drei Nummer-Eins-Alben da steht und einer Goldenen Schallplatten zurück. Entsprechend lang ist die heutige Setliste. Nicht weniger als 26 Songs werden die 7 heute für uns spielen. Aus „Brot und Spiele“ sowie dem aktuellen Album „Für Immer Frei“ kommen mit zwölf Stücken fast die Hälfte des Programms in die Setliste. Aus dem 2015 ner Nummer eins Album „Zeitgeist“ schafft es „nur“ „Wo Sind Die Clowns“. Ja, die Band hat inzwischen ein Luxus-Problem. Viele gute Songs und so wenig Zeit.
Aber diese nutzt die Band grandios. Alea springt und tobt wie gehabt über die Bühne, leitet Mitsing-Parts ein, ruft zum Circle Pit of Love auf. Während er sich die Schuhe bindet, bittet er Luzi dem Publikum seine Wasserflasche vorzustellen. Das lässt sich der Mann mit dem Schalk im Nacken nicht zweimal sagen. Mit „Flasche, Publikum – Publikum, Flasche“ werden wir unter dem Gelächter der Crowd miteinander bekannt gemacht. Leider fehlen heute Pyro und Feuer. Das ist auch in dieser Sporthalle Hamburgs nicht erlaubt. Die fehlende Hitze macht das Publikum aber locker wett. Alea bemerkt das und lobt das Publikum: „Wir brauchen heute kein Feuer, Hamburg ist heiß genug“ und stimmt den nächsten Song an.
Bei „Mittelalter“ springt fast die ganze Halle während des gesamten Songs! Ja, so geht Party!
Nach „Für Immer Jung“ endet das reguläre Set. Das heftig nach Zugabe verlangt wird, brauche ich nicht erwähnen.
Zur ersten Zugabe kommt nur Till auf die Bühne, der auf seiner akustischen Gitarre die ersten Akkorde von „Nichts bleibt mehr“ anstimmt. Es wird etwas ruhig in der Halle. Alea setzt sich zu ihm und singt, während Hamburg mit Handylichtern und man wundert sich, auch mit Feuerzeugen, eine einen tollen Rahmen für das schöne Lied bereiten. Nach und nach kommen die anderen dazu und auch das Lied nimmt Fahrt auf. Cooler Auftakt für eine Zugabe! „Unsere Zeit“, „Prometheus“ und „Ich Werde Wind“ folgen. Wieder geht die Band von der Bühne, aber der kluge Konzertbesucher ahnt, da kommt noch was. Das Hallenlicht bleibt nämlich aus. Und richtig. „Bring Mich Zurück“, „Alive Now“ und jetzt aber wirklich zum Schluss kommt noch der unvermeidliche „Spielmannsschwur“. Die komplette Halle singt.
Mit nicht enden wollendem „Ho Ho Ho Ho“-Gesängen der Halle und unter frenetischem Applaus verabschieden sich SALTATIO MORTIS mit offensichtlich glücklichen und zufriedenen Gesichtern. Aber nicht ohne diverse Danksagungen der Band an Crew, Security, Licht- und Tonleuten etc., ohne die eine solche Tour nicht machbar wäre.
Beim Outro aus der Tonkonserve kommen dann auch die Jungs von ANTIHELD nochmals auf die Bühne, um gemeinsam noch etwas zu rappen und damit gemeinsam ein wirklich furioses Tournee-Ende zu feiern.
Barrierefreiheit
Dazu habe ich ja oben bereits etwas geschrieben. Die Halle ist modern und gut ausgestattet. Saubere und gut zugängliche Rollstuhl gerechte Toilette. Ein Rollstuhlpodest, das zwar seitlich, aber nicht abseits steht. Heute war es allerdings zu klein. Das Podest war bis auf den letzten Platz gefüllt. Es mussten sogar Leute mit Rollatoren unten stehen. Das ist natürlich ärgerlich, aber auch sehr schwer vorher abzuschätzen, bei ARCH ENEMY waren wir beispielsweise zuzweit!
Ich möcht jetzt noch bei den wieder tollen Leuten vor Ort bedanken, der jungen Dame von der Security die einen guten Job am Rollipodest gemacht hat und natürlich last but not least bei HAMBURG KONZERTE für die freundliche Akkreditierung.